Warum wir gegen Atomkraft sind
"Als wir vorhin eine Minute geschwiegen haben, haben vielleicht einige von uns an das Positive gedacht, warum wir hier stehen, warum wir uns schon so lange gegen Atomkraft einsetzen." So beginnt die eindrucksvolle Rede von Burkhard Rexmann...
"Es ist die Freude an dieser Welt, an dieser Natur, die Liebe zu allem, was lebt, was uns nährt, was uns umgibt. Das ist der Apfelbaum im Herbst, das ist der Gesang der Amsel und das Lachen eines unbeschwerten Kindes. Und wir wollen nicht, dass dieses Kind verstrahlt wird. Wir wollen nicht, dass diese Welt zugrunde geht, weil einige wenige in ihrer unersättlichen Gier immer riskantere, gefährlichere, brutalere Techniken durchsetzen.
Aktuell laufen noch drei kommerzielle Atomkraftwerke in Deutschland: die Druckwasserreaktoren in Emsland, Neckarwestheim und Ohu an der Isar, alle 32 bzw. 33 Jahre alt. außerdem die Siemens-Forschungsreaktoren in Stuttgart, Feuchtwangen und Ulm (seit 1964), in Mainz (seit 1965), in München (seit 2004), in Dresden (seit 2005), sowie die Atomfabriken Lingen und Gronau. Das sind immer noch drei AKW‘s zu viel und Forschungsreaktoren braucht es auch nicht.
Besonders jetzt, wo dieser entsetzliche Krieg in der Ukraine uns alle verängstigt und bedroht, unsere Regierungen nach noch mehr Waffen schreien lässt, wird die unglaubliche Gefahr immer bewusster, die von laufenden AKW‘s in einem Krieg ausgeht. Obwohl der Unfall in Tschernobyl nun schon 36 Jahre her ist, muss dort noch immer die Atomruine bewacht und geregelt werden. Während der laufenden Kriegshandlungen fiel die Stromversorgung aus und brachte die Anlage an den Rand des nächsten GAUs. Im Augenblick ist Tschernobyl wieder in ukrainischer Hand. (Quelle: ausgestrahlt.de)
In Fukushima sind weiterhin etwa 7000 Arbeiter im Einsatz. Täglich wird radioaktives Wasser im Meer verklappt. 3 der 4 beschädigten Reaktoren haben undichte Böden in den Reaktordruckbehältern, das Grundwasser ist verseucht. Die Entnahme der beschädigten Brennelemente dauert an. (Quelle: www.antiatom-fuku.de) Um zu verstehen, welche politischen Kräfte bei der Atomkraft im Spiel sind, möchte ich den Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich beleuchten.
Was unterscheidet Frankreich und Deutschland? Warum hat Frankreich so viele Atomkraftwerke und warum versucht Macron die Atomkraft als nachhaltig zu verkaufen, während Deutschland dieses Jahr aus der Energiegewinnung durch Atomkraft aussteigt? Das erste ist zum Feiern: Deutschland unterscheidet von Frankreich nicht der Gnadenakt einer Merkel, sondern eine starke und klar fokussierte Anti-Atom-Bewegung! Wir haben uns all die Jahre nicht irre machen lassen, keinen Minimal-konsens gelten lassen, sondern immer wieder klar und deutlich gesagt: Kein einziges Atomkraftwerk!
Wer hätte Ende der 70iger uns diesen Erfolg zugetraut? Da standen wir, langhaarig und bestenfalls belächelt, in den Fußgängerzonen, unsere kleinen Infostände, haben Flugblätter verteilt. Wir hatten eine Front aus Parteien, Medien, Gerichten, und vor allem der großen Energiekonzerne mit sehr, sehr viel Geld gegen uns. Verleumdung, Kriminalisierung, Lügen. Lasst uns das feiern!!! Wir, begonnen als kleine, verlorene Bewegung waren erfolgreich!!!
Aber warum werden überhaupt noch Atomkraftwerke gebaut? Stromgewinnung mit Atomkraftwerken ist rund 10 mal so teuer, wie mit Wind, Wasser oder Sonne und niemals rentabel. Woher die dreiste Lüge, Atomkraftwerke mit ihrem immensen CO²-Ausstoß bei Uranabbau, Bau, Rückbau und Endlagerung könnten das Klima retten? Oder diese explosiven, brandgefährlichen Dinger wären als Brückentechnologie geeignet, wo sie doch die Netze verstopfen, weil sie nicht regelbar sind, Strom produzieren, wenn niemand ihn braucht?
Atomkraft ist für die Energiekonzerne profitabel, weil der Staat viele Milliarden dafür bezahlt.
Die Erforschung und Entwicklung der Atomkraft (Forschungsreaktoren) die Ausbildung der TechnikerInnen hat der Staat übernommen. (68 Milliarden). Er verlangt keinerlei Versicherung für die Risiken des Betriebes (dafür gibt es keine Zahlen), er hat die Entsorgung übernommen (Fördersumme 102 Milliarden). Er verlangt keine angemessenen Steuern für Brennelemente oder für die Gewinne der Konzerne (59 Milliarden). Zusätzlich haben die Atom-Konzerne immer wieder noch zusätzliche Milliardensummen vom Staat geschenkt bekommen, insgesamt 42 Milliarden. (Die Zahlen stammen aus einer Studie des Forum Ökologisch sozialen Marktwirtschaft).
Es gibt aber tatsächlich noch einen zweiten Grund, warum Atomkraft den Mächtigen so wichtig ist und das liegt an dem zweiten Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich: Frankreich baut Atombomben! Im Dezember 2020 verkündete Macron, dass „es die zivile und militärische Atomenergie ist, die Frankreich den Status einer Großmacht verleiht“. Atomenergie werde „der Eckpfeiler unserer strategischen Autonomie bleiben“, so Emmanuel Macron. Im Iran entzündete sich der Atomstreit an der Anreicherung des Uran. Deutschland behält mit der Urananreicherungsanlage in Gronau und der Brennelementefabrik in Lingen genau diese Schlüssel zur Atombombe weiterhin in der Hand. Ja, es gibt viele Gründe, gegen Atomkraft zu sein. Krieg, Kriegsvorbereitung und Kriegsunterstützung ist einer der vielen Gründe."
Rede von Burkhard Rexmann, gehalten am 24.04.2022 anlässlich der Fukushima/Tschernobyl-Mahnwache in Oberkaufungen